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Kunst im Krankenhaus: Teure Deko oder Seelenmedizin?

Kunst im Krankenhaus: Warum geben wir Geld für etwas aus, das scheinbar keine medizinischen Vorteile bringt? In der Krankenhauswelt, in der jedes Budget sorgfältig geplant wird, scheint die Idee, Krankenhäuser mit Kunstwerken zu schmücken, verschwenderisch und überflüssig. Unnötiger Luxus? Wir sollten einen genaueren Blick darauf werfen. Vielleicht steckt hinter dieser scheinbaren Verschwendung ein Mehrwert, der nicht weniger wichtig ist als Medikamente und Operationen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die kontroverse Rolle von Kunst in medizinischen Einrichtungen und fragen uns: Ist sie wirklich nur eine Geldverschwendung oder erfolgreicher Teil des Heilungsprozesses, den wir dringend nutzen sollten?“

Kunst – was ist das eigentlich?

Die Frage „Was ist Kunst?“ ist eine grundlegende und oft diskutierte Frage in der Philosophie, Ästhetik und Kunsttheorie. Bei Kunst denken wir in erster Linie an Bilder, Graphiken oder Fotos, die als Wandgestaltung eingesetzt werden. Daneben sind uns noch Skulpturen und Installationen geläufig.

Eine Auswahl von Ansätzen, die Kunst definieren und erklären:

  1. Mimesis-Theorie: Diese Theorie besagt, dass Kunst die Nachahmung oder Darstellung der Natur ist. Nach diesem Ansatz ist Kunst eine Form der Repräsentation der Welt um uns herum.
  2. Expressivismus: Diese Perspektive besagt, dass Kunst ein Mittel für Künstler ist, ihre inneren Gedanken, Emotionen und Gefühle auszudrücken. Kunstwerke werden demnach als Ausdruck der Künstlerpersönlichkeit betrachtet.
  3. Formalismus: Formalistische Ansätze konzentrieren sich auf die formalen Eigenschaften von Kunstwerken, wie Linie, Form, Farbe, Komposition usw. Kunst wird hier weniger als Ausdruck oder Imitation betrachtet, sondern eher als Arrangement von Formen und Elementen.
  4. Institutionelle Theorie: Diese Theorie besagt, dass Kunst das ist, was von Institutionen wie Galerien, Museen und Kunstkritikern als Kunst anerkannt wird. Nach diesem Ansatz wird Kunst durch soziale und institutionelle Kontexte definiert.
  5. Konzeptualismus: Kunst kann als Idee oder Konzept betrachtet werden, wobei die materielle Form des Kunstwerks sekundär ist. Nach diesem Ansatz liegt der Fokus auf den Gedanken und Konzepten, die das Werk vermittelt.
  6. Kontextualismus: Kunstwerke werden im Kontext ihrer Entstehung, ihrer kulturellen Bedeutung und ihrer Wirkung interpretiert. Kunst wird hier als Teil eines größeren sozialen und kulturellen Diskurses betrachtet.

Was bringt die Kunst?

Wirkung und Wahrnehmung von Kunst im Health Care Bereich

Die Chance

  1. Schaffung einer unterstützenden Umgebung = Stressreduktion: Kunstwerke und Bilder können dazu beitragen, eine positive und unterstützende Umgebung in Krankenhäusern zu schaffen. Sie schaffen eine ästhetisch ansprechende Atmosphäre, die dazu beiträgt, den Stress und die Angst der Patienten zu reduzieren und ein Gefühl von Wohlbefinden und Geborgenheit zu fördern.
  2. Ablenkung und Entspannung = Schmerzreduktion: Das Betrachten von Kunstwerken kann eine willkommene Ablenkung für Patienten sein, insbesondere während langer Wartezeiten oder bei schwierigen medizinischen Behandlungen. Kunst kann dazu beitragen, den Geist zu beruhigen, Stress abzubauen und eine positive Ablenkung von Krankheit und Schmerz zu bieten.
  3. Förderung der sozialen Interaktion = Kommunikationsfördernd: Kunstwerke in Krankenhäusern können dazu beitragen, Gespräche und soziale Interaktionen zwischen Patienten, Familienmitgliedern und medizinischem Personal anzuregen. Sie können gemeinsame Gesprächsthemen bieten und dazu beitragen, eine Verbindung zwischen den Menschen herzustellen, die sich im Krankenhaus aufhalten.
  4. Stimulation der Sinne = Verbesserung der Stimmung: Bilder und Kunstwerke können die Sinne stimulieren und das kognitive Wohlbefinden der Patienten fördern. Farben, Formen und Texturen können eine positive sensorische Erfahrung bieten und dazu beitragen, das Gehirn zu aktivieren und die Stimmung zu verbessern.

Die Herausforderung

  1. Kunstwerke könnten unbeabsichtigt Erinnerungen an vergangene traumatische Ereignisse bei Patienten hervorrufen, was zu negativen Emotionen, Angstzuständen oder sogar Flashbacks führen könnte.
  2. Einige Kunstwerke könnten emotionale Themen oder Bilder enthalten, die für Patienten belastend sein könnten, insbesondere wenn sie mit eigenen Traumata oder Krankheitserfahrungen in Verbindung gebracht werden. Bilder von Krankheit oder Tod bei Patienten Angst oder negative Emotionen auslösen.
  3. Zu viele oder zu starke visuelle Reize durch Kunstwerke könnten Patienten überwältigen, insbesondere solche, die sich in einem Zustand der Empfindlichkeit oder Überstimulation befinden, sei es aufgrund ihrer Krankheit, Behinderung oder Medikamenteneinnahme. Eine Reizüberflutung muss verhindert werden.
  4. Kunstwerke könnten Themen oder Darstellungen enthalten, die als unangemessen oder beleidigend empfunden werden könnten, sei es aufgrund ihrer sexuellen, religiösen oder politischen Natur. Solche Werke könnten Konflikte oder negative Emotionen bei Patienten hervorrufen. Unpassende Darstellung unbedingt vermeiden.

Letztendlich ist Kunst eine äußerst vielschichtige und subjektive Angelegenheit. Die Definition und Bedeutung von Kunst können je nach kulturellem Hintergrund, persönlicher Erfahrung und individuellem Geschmack variieren. Die Herausforderung ist es nun, für einen öffentlichen Ort, an dem viele unterschiedlich geprägte Menschen sich aufhalten, etwas zu platzieren, was die Meisten positiv anspricht, die Heilung fördert und nicht belastet. Speziell für ein Krankenhaus ist es eine verantwortliche Aufgabe, hier die richtige Wahl zu treffen. Der Aufenthalt in einem Krankenhaus ist in der Regel durch Angst und Stress geprägt. Die Menschen halten sich in einer fremden Umgebung auf, sind körperlich und seelisch belastet, verunsichert und sind 24 Stunden in einem Gebäude gefangen. Die Wahrnehmung ist in dieser Lebenssituation eine komplett andere. Und darauf ist unbedingt Rücksicht zu nehmen.

Mein persönlicher Ansatz zur Kunst im Raum.

Kunst ist ein Angebot.

  • Ein Angebot, es als Gestaltungselement des Raumes zu betrachten.
  • Ein Angebot dem Auge einen Halt zu geben
  • Ein Angebot, es einfach auf sich wirken zu lassen
  • Ein Angebot, eine andere Perspektive einzunehmen
  • Ein Angebot, sich ablenken zu lassen von Krankheit, Schmerz oder Sorgen
  • Ein Angebot, mit Anderen in Kommunikation zu treten
  • Ein Angebot, die Sinne anzuregen
  • Ein Angebot, den Gedanken Raum zu geben

Bildgestaltung ist Teil der Gesamtinszenierung,
transportiert Gefühle und entfaltet, auf einem Punkt, die Wirksamkeit der Räume.

Gudula Be-Pechhold

Das ideale Bild – gibt es das?

Ein Bild stellt dar, fast zusammen, betont, gibt Inspiration, beruhigt, ist ein Eyecatcher, erklärt, zeigt, weist darauf hin, hilft zu verstehen, gibt Freiraum, öffnet Dimensionen, dekoriert, gliedert, gibt Struktur, stellt dar, stimuliert, erinnert, animiert, regt an…

Für mich als Gestalterin hat ein Bild im Raum eine wichtige Aufgabe: es fasst die Gestaltung des Raumes zusammen und konzentriert die Atmosphäre des Raumes auf einen Punkt. Ich nutze Bilder als Zusammenfassung der Umgebungsatmosphäre. Hier finden sich alle Farben wieder. Hier ist die Funktion des Raumes abzulesen. Das Thema, die Farben und die Art der Darstellung lassen erkennen, welche Wirksamkeit der Raum transportieren soll. Das ideale Bild für mich ist ein individuell kreiertes Bild für den einen, bestimmten Raum – ein Unikat als Zusammenfassung der Raumatmosphäre.

Diese Auffassung von Bildgestaltung ist für mich die logische Konsequenz der ganzheitlichen Raumgestaltung. Ja – es gibt das ideale Bild für jeden Raum, jede Nutzung und jeden Betrachter.

Meine Methode SoulArt: das richtige Bild für jeden Raum

Die Herangehensweise ist ähnlich wie bei der Frage, wie ich eine Farbe für Räume auswähle. ( siehe auch meinen Blogartikel Welche Farbe ist die Richtige?) Es gibt einen Kernfragesatz den ich immer anwende, um ein Raumkonzept zu erarbeiten:

WER
macht WAS,
zu WELCHEM Zweck in diesem Raum?
WIE soll sich das anfühlen und wie soll der Raum wirken?

Das übergreifende Thema sind die Grundsätze des Healing Design, das auf Grundlage der Architekturpsychologie und der Farbpsychologie basiert. Diese Ansätze und wissenschaftliche Erkenntnisse nutze ich um die Zielsetzung für die Gesamtatmosphäre eines Raums zu definieren.

WER, welcher Mensch, wird sich in dem Raum aufhalten? Alter, Herkunft, Geschlecht, wie viele Menschen sind im Raum, gesund, krank, Persönlichkeit, Besonderheiten. WAS machen diese Menschen in dem Raum? Was wird da erledigt, getan? Was benötigen sie dazu. WELCHEN ZWECK hat der Aufenthalt in diesem Raum? Sind sie alleine dort, kommen sie öfter dort hin, regelmäßig, was wollen sie dort tun? Was trägt der Raum zur Erledigung der Aufgabe bei? Warum genau dieser Raum und kein Anderer? WIE fühlt sich das an? Eine passende Atmosphäre hilft den Menschen, die Aufgabe, die sie an dem Ort zu erledigen haben auch zu erledigen. Das kann von konzentrierter Arbeit bis hin zur Entspannung und Stressbewältigung gehen. Was tut gut? Welche Stimmung würde sie unterstützen?

Am Beispiel: Bilder für eine Palliativstation

Ein besondere Aufgabe hatte ich bei der Gestaltung einer Palliativstation in einem Krankenhaus. ( Details dazu in meinem Blogartikel: Palliativstationen warum wir sie brauchen.) Die Station wurde renoviert und mit wenigen Möglichkeiten bei einer engen Budgetplanung war die Bebilderung der Patientenzimmer der zentrale Gestaltungspunkt. Hier möchte ich einmal anhand meiner Methode beschreiben, wie die Bildgestaltung entstanden ist.

Nutzungsanalyse

Wer: Menschen, die sich auf der Station befinden, erhalten medizinische Massnahmen, die nicht Erhalt, die Genesung oder die Wiederherstellung der normalen Körperfunktionen, sondern deren bestmöglichen Anpassung an die gegebenen physiologischen Verhältnisse beinhaltet, ohne gegen die zugrundeliegende Erkrankung selbst zu wirken. Diese Menschen werden sterben und das ist Ihnen in der Regel auch bewußt. Es sind viele ältere Menschen verschiedener Kulturen und aller sozialen Gesellschaftsschichten vertreten. Neben den Patienten werden die Angehörigen ebenfalls betreut und unterstützt. Nutzer der Räume sind auch mit besonderen Herausforderungen das Pflegepersonal. Was passiert in den Patientenzimmer: es wird Tag und Nacht genutzt, es findet Pflege statt, medizinische Maßnahmen, der Patient ist allein oder mit Angehörigen im Raum, er liegt, sitzt, schläft, ist wach. Welchen Zweck hat der Raum: er ist zu Hause und vielleicht der letzter Raum, in dem sich der Mensch aufhält, bevor er stirbt. Er dient als Schlaf- und Aufenthaltsraum. Wie fühlt sich der Raum an / welche Wirksamkeit soll er haben: Ein Atmosphäre, die Angst nimmt, beruhigt und Geborgenheit gibt, Privatsphäre zulässt und dem Patienten Frieden gibt.

Raumanalyse

Nach der Erarbeitung dieser Grundlage geht es an die Raumanalyse. Ich sehe mir den Zuschnitt des Raumes an, Lichteinfall und den Ausblick. Wie sieht die Möblierung aus. Welche Blickachsen gibt es für den Patienten. Welche Raumelemente kann ich gestalten.

Farb- und Materialkonzept

Welche Farben vermitteln Geborgenheit und beruhigen? Es sind eher pastellige Farbtöne, warme Farben, eher Ton in Ton. Wenig Kontraste und sanfte Farbübergänge. Und trotzdem auch eine gewisse Fröhlichkeit durch Buntheit. Weite und Perspektive wird über Blautöne vermittelt, die in den Farbtönen den Blick erweitern.

Motivauswahl und Maltechnik

Mit Hilfe der erarbeiteten Grundlagen habe ich mich gefragt, was ein Mensch sehen möchte, wenn er weiß, dass er stirbt. Worauf möchten man blicken? Ein Frage, in die man nur schwer beantworten kann. Meiner Meinung nach sollten die Bilder eine gewisse Neutralität haben und eher abstrakt sein. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stimulation und Beruhigung bieten, ein Farbeindruck als Ganzes vermitteln, aber auch dem Auge die Möglichkeit geben, genauer hinzu sehen und Beschäftigung geben. Linienfolgen zu können, Formen zu finden, etwas zu zählen, vergleichen oder verbindendes zu finden und bestenfalls immer wieder etwas neues entdecken lassen.

Kreativer Prozeß

Für diese Entwürfe nehme ich mir Zeit. Oft sind es Randzeiten am Wochenende, wo ich mich zurückziehe und versuche, in einen Flow zu kommen. Ich sitze an meinen Lieblingsplatz mit Blick nach draußen, und fange einfach an. Ich lege eine Farbpalette fest, die sich aus den Farben der Einrichtung und des Raumes zusammensetzt und den Farben, die die emotionalen Bedürfnisse der Nutzung repräsentieren. Erstmal male ich für mich. Möglichst ohne viel nachzudenken, einfach drauf los, Viele Bilder. Eins nach dem Anderen. Ich male auf dem iPad mit ProCreate, einer App, die unvorstellbare Möglichkeiten bietet. Irgendwann lege ich das iPad zur Seite und das meistens für ein paar Tage. Mit Abstand zu meiner ersten Malsession nehme ich mir dann die Entwürfe noch einmal vor. Oft drucke ich sie aus und hänge sie mir an die Wand, betrachte sie mit Abstand und unscharfem Blick. Schnell sehe ich welches Bild Potential hat und arbeite an einer Auswahl weiter. Layer über Layer. Diesen Prozeß wiederhole ich, bis ich das Gefühl habe, das ist es, so muss es sein. In letzter Zeit habe ich mich für ein rundes Format entschieden. Es fügt sich von der Form gut auf einer Wandfläche ein, es hat kein oben und unten und symbolisiert den Kreislauf des Lebens für mich. Die Bilder bringen meine Gestaltung auf den Punkt und sind zentraler Blickpunkt im Raum. Die Motive folgen dieser Grundform. Es sind Farbverläufe und Überlagerungen von unterschiedlichem Maltechniken: Pastellkreide, Acrylfarben, Aquarelltechnik und Linien in unterschiedlichen Transparenzen und Strichlinien. Geschwungene, fließende Formen die harmonisch ineinander spielen.

Ausführung

Die Bilder werden digitalgedruckt und auf ein Trägermaterial aufgezogen. Sie entsprechen den Brandschutz- und Hygieneanforderungen von Krankenhäusern. Die Größe liegt bei einem Durchmesser von 80cm, kann aber variieren je nach Situation. Es gibt auch Gestaltung als Gruppe, in der unterschiedliche Größen als Ensemble positioniert werden.

Evaluation

Am Ende drucke ich die Bilder aus und frage ganz unterschiedliche Menschen, welche Motive ihnen ganz persönlich gefallen und bitte darum ihre Gefühle beim Betrachten zu beschreiben. Eine Frauengruppe aus Fachleuten rund um das Health Care Thema, meine Familie und meine Kollegen im Büro müssen herhalten. Ein Auswahl nehme ich dann mit in die Entscheidungsgremien und lasse dort gemeinsam die Endauswahl treffen. Manchmal wird ein Motiv oder eine Form abgelesen, die ich selber nicht bemerkt habe. Diese Meinung von unterschiedlichen Menschen gibt mir die Gewissheit, das ein Bild funktioniert.

Bildmotive

SoulArt: Wo Kunst Heilung inspiriert

So entstehen Bilder für einen bestimmten Raum, eine ganz bestimmte Nutzung oder Situation für Menschen. Es ist jedes Mal ein emotionaler Moment, wenn ich vor Ort die Montage der Bilder begleite und die Wirkung in dem Raum sehen kann, für den ich die Bilder gemalt habe. Ein Feedback von den Menschen, die den Raum nutzen, bewohnen und besuchen ist mir ebenfalls sehr wichtig. Und das Feedback motiviert mich genau so weiter zu arbeiten. Bilder sind mehr als nur Deko, sie sind ein wichtiges Element des Healing Designs und tragen zur Heilung bei.

Mich interessiert Deine Meinung. Welche Erfahrungen hast Du zu diesem Thema? Warst Du selbst schon einmal einer Kunst ausgesetzt, die Dich inspiriert hat oder vielleicht auch belastet hat? Oder starrst Du noch weiße Wände an?

Gerne sehe ich mir Dein Projekt an und bringe SoulArt in das Krankenhaus, Deine Arztpraxis oder zu anderen Orten, die mehr sein können. Wirksame Räume sind erfolgreich und wertschätzend. Schreib mir: https://www.be-pechhold.de/kontakt/