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Bucket List für Innenarchitekten.

Raumerlebnis geschenkt – Punkt abgehakt.

In diesem Blogartikel erfährst Du, was eine Bucket List ist – falls Du es nicht schon längst wusstest – und warum Du vielleicht auch eine führen solltest. Was noch auf meiner steht und ich erzähle von meinen aktuellsten Haken, den ich gesetzt habe. Welchen Anschub unsere moderne Bauweise 1927 erhalten hat, und wie es sich anfühlt, in so einem Baudenkmal zu stehen. Neben Listen sollte man unbedingt offen sein für Zufallsfunde: Eines meiner beeindruckendsten Raumerlebnisse.

Bucket List
aus dem englischen „Kick the bucket“ auf deutsch „den Löffel abgeben“ Der deutsche Begriff heisst deshalb auch Löffelliste. Eine Liste mit Dingen, die man im restlichen Leben noch tun oder erreichen möchte. Richtig bekannt wurde diese Idee durch den Film: „Das Beste kommt zum Schluss“ von Rob Reiner im Jahre 2007.

Wiíkipedia.org

Bucket list was soll das? Sieben gute Gründe dafür!

Bucket Listen sind ja sehr angesagt. Zu Beginn des Jahres, mit all den Vorsätzen, ist mal wieder ein guter Zeitpunkt, diese Liste hervor zu holen. Jeder hat so ein paar Dinge, die er dringend machen, erledigen, sehen oder erleben möchte. Aber was soll das? Warum so eine Liste erstellen?

Die Antwort auf diese Frage: Diese Liste erinnert uns daran, dass unser Lebenszeit begrenzt ist und das wir unsere Träume leben sollten und zwar jetzt. 7 gute Gründe für diese Liste:

  1. Ich nehme mir Zeit für mich. Die Bucket list ist die Chance, mich damit auseinander zu setzen, was ich will, welche Träume ich habe und was mir wichtig ist?
  2. Aufschreiben – aus dem Kopf, über den Arm, mit der Hand auf das Papier – das ist der wichtige Prozeß. Etwas Schwarz auf Weiß vor mir auf dem Blatt sehen ist etwas ganz anderes, als Dinge unsortiert im Kopf zu haben. Das geschriebene Wort hat eine ganz andere Verbindlichkeit und ich kann jeder Zeit hin schauen und mich erinnern.
  3. Träume und Ziele nicht aus den Augen verlieren. „Wenn ich mal Zeit habe, wenn ich in Rente gehen, jetzt habe ich keine Zeit.“ Wer kennt diese Gedanken nicht. Die Bucket list erinnert Dich daran: das Leben ist endlich, nutze Deine Zeit, tu was Dir wichtig ist.
  4. Think Big: die Chance groß zu denken. Deinen Träumen sind keine Grenzen gesetzt. Alles ist erlaubt und alles erreichbar.
  5. Nach vorne schauen. Deine Aufmerksamkeit wird in die Zukunft gelenkt und gibt Dir Ziele und Perspektiven.
  6. Die Komfortzone verlassen und Dinge erleben, die aus Deinem Alltag und Deinem normalen Erfahrungshorizont herausragen. Spannende Erfahrungen und Entdeckungen geben Dir neue Energie und bedeuten persönliche Weiterentwicklung.
  7. Glücklich und zufrieden sein, wenn man einen Punkt von der Liste erlebt hat. Du hast Dir etwas vorgenommen, etwas erlebt und es gemacht. Ein gutes Gefühl.

Meine Innenarchitektinnen Bucket List.

Bucket Liste kann es zu verschiedenen Themen geben und ich habe eine für meine Wunschziele, wo ich Räume erleben möchte. Räume, die ich gerne sehen / besuchen / kennenlernen möchte. In den letzen Jahren habe ich da schon ein paar Ziele von meiner Liste besucht. Es ist jedes Mal etwas besonderes, wenn ich ein Reiseziel plane und mich schon im Vorfeld darauf freue. Selbst Ziele, die in der Nähe sind geben mir ein wunderbares Gefühl mir einen Wunsch erfüllt zu haben.

  • Das Bauhaus in Dessau
  • Die Alhambra in Granada
  • Die Hagia Sophia in Istanbul
  • Angkor Wat in Kambodscha
  • Das Taj Mahal in Indien: 1996 war ich dort, unglaublich anrührend, in sich ruhend, handwerkliche Details in unvorstellbarem Ausmass und Schönheit.
  • Der Petersdom in Rom, 1987: welche Pracht und welcher Prunk.
  • Das Gasometer in Oberhausen: immer wieder – ein Raum der mich jedes Mal aufs neue zum Staunen bringt. Diese Schwärze, die eigentlich den Raum, dieses dramatische Volumen einfach verschluckt.
  • Hill House von Mackingtosh in Helensburgh, Schottland, 2022: ein Gesamtkunstwerk, welches eine ungeheure harmonische Ausstrahlung hat.
  • Das Moma, New York, 1997: so klein und die Bewegung im Raum lässt den Raum erst entstehen.
  • Die Sagrada Familia in Barcelona: nochmal, wenn sie fertig ist!
  • Die Falling Water Residenz von Frank Lloyd Wright in den USA
  • Der Louvre in Abu Dabi
  • Borobudur auf Java in Indonesien, 1995: eigentlich kein Raum, aber sehr beeindruckend diese Stupas, die den Buddhas Raum geben.
  • Architektur von Tadao Ando egal was und wo – Japan
  • Die Pyramiden
  • Die verbotene Stadt in Peking
  • Hans Christian Andersen Haus in Odense, Kengo Kuma, 2022: märchenhaft mitten in die Stadtlandschaft gesetzt, unterirdisch, rund, ineinander verschlungen und alles blüht.
  • Das Panteon in Rom: das ist sehr lange her, aber ich habe immer noch das Raumgefühl unter dieser herausragenden Kuppel im Gefühl.
  • Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart: der aktuellste Haken, ich habe die Bedeutung gespürt.

Für mich ist dieses Gefühl in einem Raum zu sein, der eine bedeutende Geschichte hat, etwas ganz besonderes. Meistens kennt man Bilder und die Geschichte dazu aus Büchern und Fachartikeln, aber selbst den Raum zu fühlen, ihn wahrzunehmen mit allen Sinnen ist etwas ganz anderes. Räume haben eine Ausstrahlung die ein Bild nicht einfangen kann. Wir brauchen all unsere Sinne für die Wahrnehmung. Das Gefühl, was entsteht, kann sehr stark und emotional sein.

Wie bin ich auf die Wunschorte, Wunschräume gekommen? Wie habe ich sie gefunden? In meinem Studium hatte ich Kunstgeschichte und da sind wir einmal quer durch die Epochen der Architektur gegangen und da bleiben Bilder im Kopf. Mir begegnen regelmäßig Artikel in Fachzeitschriften und neben den aktuellen Entwürfen wird sehr oft auf die Grundlagen und Entstehungsgeschichten hingewiesen. Berühmte Namen der Architektur -, Design -und Innenarchitekturgeschichte tauchen immer wieder auf – neben Klassikern wie Le Corbusier, Charles Mackintosh, Eileen Grey, Alwar Aalto, Antonio Gaudi, Frank Lloyd Wright auch zeitgemäße wie Tadao Ando, Jean Nouvel, Zaha Hadid und viele, viele mehr. Mit diesen Namen verbinde ich Bilder, Gebäude und Ideen. Da möchte ich schon einige Gebäude mal live sehen und eben fühlen. Da helfen keine Fotos. Als Innenarchitektin interessieren mich natürlich Innenräume besonders, aber auch immer das Zusammenspiel von Hülle und Raum. Von den letzten beiden „Haken“ die ich an meiner Liste machen durfte möchte ich erzählen.

Hill House in Helensburgh, Schottland 2022

Letztes Jahr habe ich in unserem Schottland Urlaub das Hill House von Charles Rennie Mackintosh in Helensburgh in der Nähe von Glasgow besucht. https://www.nts.org.uk/visit/places/the-hill-house Das Besondere hier ist, dass Mackintosh gemeinsam mit seiner Frau Margaret MacDonald 1904 eine Villa für einen Verleger gebaut hat und sowohl die Hülle, als auch das gesamte Interieur designed hat. Vom Möbelstück, über die Tapete, von Fenstergriff bis zum Geschirr, jeder Gegenstand im Haus ist als Gesamtkonzept gedacht und entwickelt worden. Handwerksbetriebe aller Gewerke haben die Entwürfe in hoher Qualität produziert. Es ist ein Masterpiece. Ich habe das Haus betreten und sofort diese Harmonie durch das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente wahrgenommen. Ornamente und Farben sind aufeinander abgestimmt und geben dem Haus eine wunderbare leichte Atmosphäre. Wandpanele, Treppenanlagen strukturieren das Haus und es lassen sich überall liebevolle Details entdecken. Viele dieser Entwürfe sind bekannt und Abbildungen überall zu finden. Aber vor Ort in diesem Haus zu stehen, ist die Besonderheit. Das Zusammenwirken dieser vielen, brillanten Details. Das fühlt sich wundervoll und außergewöhnlich an. Sehr überraschend war der Anblick des Hauses, als wir dort ankamen. Ein Kubus aus Metallgewebe in einem wunderschönen englischen Garten – aber wo ist das Haus? Durch das Gewebe erkennt man die Umrisse des Hauses. Die Konstruktion trägt, gleich einem Baugerüst, Stege, die ermöglichen. auch über dem Haus entlang zu gehen. Eine ungewöhnliche Möglichkeit mit ganz neuen, spannenden Perspektiven. Das Ganze ist entstanden, um das Haus vor dem Verfall zu schützen. Die Feuchtigkeit, die großen Schaden an der Substanz verursacht, soll so entweichen können, ohne das neue Nässe die Fassade erreichen kann. Dieser natürliche Trocknungsvorgang wird noch 10 -15 Jahre dauern. Aber so wird dieses Gesamtkunstwerk erhalten bleiben.

Weissenhofsiedlung in Stuttgart

Dieser Besuch ist ganz aktuell und sollte eigentlich ein eigener Blogartikel werden. Aber ich bin dann doch über das Thema Bucket List gestolpert und jetzt ist die Weissenhofsiedlung einfach auch ein „Haken“ meiner Liste. Das schmälert aber auf keinen Fall die Bedeutung. Der Begriff Weissenhofsiedlung ist bei mir immer mit dem Namen Le Corbusier und dem Bauhaus verbunden, aber ich gebe zu, die Details oder die Bedeutung ist mir dann doch erst vor Ort klar geworden. Wir fahren nach Stuttgart hinein und direkt am Rand des Kessels auch schon wieder heraus. Die Siedlung liegt auf einem Hügel. Nicht prominent und einzeln, sonder in Mitten der Häuser die auf diesem Hügel erbaut worden sind, zu verschiedenen Zeiten. Und doch erkennt man die Häuser sofort. Sie sind weiß, haben Flachdächer und sind modern. „Die Häuser könnten auch jetzt gerade neu gebaut worden sein“ ist mein erster Gedanke. Aber das zeigt sehr deutlich, welche Bedeutung diese Bauausstellung 1927 für die Geschichte der Architektur hat. Titel der Bauaustellung ist „Die Wohnung“ und wurde von dem deutschen Werkbund organisiert und von der Stadt Stuttgart finanziert. 17 internationale Architekten präsentieren 33 innovative und zukunftsgerichtete Entwürfe zum Thema modernes, gesundes, erschwingliches und funktionales Wohnen. Es wurden Mehrfamilienhäuser, Doppelhäuser und Einfamilienhäuser entwickelt. Beteiligt waren unter der künstlerischen Leitung von Mies van der Rohe Architekturgrößen wie Walter Gropius, Hans Scharoun und Le Corbusier. Innerhalb von 21 Wochen wurden 21 Häuser mit 63 Wohnungen gebaut. Die Ausstellung wird von 500.000 Besuchern angesehen und findet weltweit Resonanz. In der Zeit des Nationalsozialismus sollten die Häuser abgerissen werden, was der Kriegsausbruch verhinderte. Aber die Zerstörung durch den Krieg und Umbauten der verbliebenen Häuser ließ nicht mehr viel vom Ursprung übrig. Erst 2002 erwarb die Stadt Stuttgart das Doppelhaus von Le Corbusier und nach der originalgetreuen Renovierung wurde das Objekt in die Liste des UNESCO-Welterbe im Rahmen des architektonischen Werkes von Les Corbusier aufgenommen. Ab 2019 sind die verbleibenden Häuser der Weissenhofsiedlung im Besitz des Bundes und des Landes, um eine angemessen Lösung für die historisch bedeutenden Bauten zu finden.

Der Name Weißenhofsiedlung hat nichts mit den weißen Häusern der Bauausstellung zu tun, sondern geht auf den Bäcker Georg Phillip Weiß zurück, der 1779 auf dem Gelände einen landwirtschaftlichen Betrieb (eine Meierei) errichtet hat. Hiernach wurde dann der Stadtteil von Stuttgart Weißenhof genannt.

In einer der Doppelhaushälften ist ein Museum https://weissenhofmuseum.de entstanden und die andere Hälfte ist originalgetreu restauriert worden. So hat man die Möglichkeit sich in dem Haus zu bewegen und das wohnen in der „Wohnmaschine“ wie Corbusier sie nannte nachzuspüren. Der Bau ist der klassischen Moderne zugeordnet und es werden die 5 Punkte des Architekturprogramms von Le Corbusier umgesetzt:

  1. Variabler Grundriss
  2. Hochstellung des Erdgeschosses durch Stützen
  3. Dachterrasse
  4. Druchlaufende Fensterbänder
  5. Freie Fassadengestaltung

Das Doppelhaus ist nach dem Modell des „transformablen Hauses“ konzipiert. Bewegliche Zwischenwände und mobile Einrichtungsgegenstände ermöglichen eine flexible Nutzung und lassen einen raumsparenden und kostensparenden Grundriss entstehen. Groß fühlt es sich nicht an, aber es sind einige Inneneinrichtungsrafinessen zu entdecken: Betten, die über Tag in einem Sockelelement des Schrankes verschwinden, oder eine Schiebewand, die am Ende eine Türelement hat uns so den Raum trennt, aber auch einen Zugang möglich macht. Interessant ist auch die Farbgebung im gesamten Gebäude. Überraschende Farbkombinationen, kräftig und doch raumgebend. Auch das Raumerlebnis ist sehr spannend. Schmalste Flure, enge, geschwungene Treppen, Strukturen von kleinen quadratischen Fliesen, bis zu großen Platten auf der Terrasse. Der Fensteranteil ist beeindruckend mit tollem Blick über Stuttgart und die Dachterrasse über der gesamten Grundfläche des Gebäudes hat mich sehr beeindruckt.

Carrieres des Lumieres in der Provence: Zufällig entdeckt.

Auch spannend ist, wenn man Räume entdeckt, die nicht auf der Liste stehen und die man eher zufällig entdeckt. Überraschung pur. Das ist mir im letzten Jahr so gegangen, als wir im Herbst in der Provence unterwegs waren. Wir haben die Carrieres de Lumieres entdeckt. Ein Kunstzentrum in Les Baux-de-Provence. Es ist ein Multimedia-Kunstprojektion in einem ehemaligen Steinbruch. Der Abbau von Bauxit ( ein weißer Kalkstein) wurde unterirdisch voran getrieben und große Blöcke aus dem Berg entnommen, Zurückgeblieben ist eine gigantische Höhle mit weißen, glatten Wänden. Um das Einbrechen der Höhle zu verhindern, hat man Säulen stehen lassen, so dass man das Gefühl hat, in einer dramatischen Säulenhalle zu stehen. Eine Stütze hat eine Basis von 5 bis 10m und eine Höhe von bis zu 10 Metern. Es sind mehrere Säle, hunderte von Quadratmetern groß. 70 Projektoren projizieren Bilder und Videosequenzen auf über 6000qm Wand-, Decken-und Bodenflächen. Man betritt die Höhle durch einen kleinen Gang, öffnet einen schwarzen Vorhang und steht in diesem spektakulärem Raum. Die Dimensionen und der Anblick sind völlig unerwartet und rauben den Atem. Ich stehe in den Bildern, von Farbe umgeben und höre dazu dramatische, klassische Musik. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich emotional so ergriffen war. Mir sind die Tränen gekommen und ich konnte mich nicht satt fühlen. Man wandelt durch die Malerei, Farbwelten, pulsierendes Licht und wird von Musik getragen. Ein überwältigendes Erlebnis – emotional tiergehend.

Meine Bucket List wächst – es ist kein Ende abzusehen und das ist auch gut so.

Ich wünsche mir mehr von diesen Erlebnissen und es macht mir große Freude, diese Dinge zu entdecken. Für meinen Beruf ist es eine unendliche Inspirationsquelle, nicht mit den Ideen im Detail, aber ein Gefühl für Räume zu entwickeln und in einem anderen Rahmen und zu anderen Inhalten und Aufgaben selbst passend zu entwickeln. Studio wewantmore sagt in einem Interview, dass Innenarchitekten sich als Entertainer begreifen sollten. Wir unterhalten, indem wir Menschen zu Erfahrungen einladen, die wir kreieren.

So möchte ich meine Projekte angehen. Mein Ziel ist es, Emotionen hervorzurufen, Erfahrungen zu erzeugen und zu inspirieren.

Spaces are more than a collection of shapes and materials. They set a certain mood and influence how people feel, behave and interact. We design spaces that trigger emotion.

wewantmore.studio

Hast Du eine Bucket List? Was sind Deine Wünsche und Ideen dazu? Ich freue mich auf einen Kommentar von Dir.